
Röntgenstrukturanalyse von Proteinen
Erfahren Sie Hintergrundwissen
- zum Streuexperiment am dreidimensionalen Kristall und
- zur Phasenbestimmung und Modellerstellung der Proteinstruktur.
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Streuexperiment am dreidimensionalen Kristall
Wird ein Protein-Einkristall mit Röntgenlicht bestrahlt, wirken die Netzebenen des Kristalls analog zu einem optischen dreidimensionalen Beugungsgitter. Die Röntgenstrahlung wird abgebeugt in Richtungen, die durch die Geometrie (Gitterparameter, Symmetrie) der Einheitszelle bestimmt werden. Für die Intensitäten der gemessenen Reflexe ist die Anordnung der Atome innerhalb der Einheitszelle maßgebend. Zur Analyse der 3D-Struktur wird der Kristall im Röntgenstrahl wiederholt um einen kleinen Winkel rotiert und dabei die gebeugte Röntgenstrahlung mit einem Detektor registriert. Aus den gemessenen Intensitätsdaten ist auf die Anordnung der Atome in der Elementarzelle zurück zu schließen.
Um einen Proteinkristall an einer geeigneten Strahlenquelle zu messen, verwendet unsere Arbeitsgruppe einen Charité-internen Drehanodengenerator (Siemens MAC-Science). Weiterhin werden von uns die Synchrotronstrahlenquellen des BESSY (Berlin, Deutschland), DESY (Hamburg, Deutschland) ESRF (Grenoble, Frankreich) und SLS (Villigen, Schweiz) aufgrund ihrer hervorragenden Eigenschaften, wie die sehr hohe Intensität und hohe Brillanz der Strahlung, ausgiebig genutzt.
Phasenbestimmung und Modellerstellung der Proteinstruktur
Das vom Kristall gebeugte Wellenfeld enthält die notwendige Information über die Kristallstruktur in Form von Wellenamplitude und Phase. Die Schwierigkeit dabei ist, dass Röntgendetektoren nur die Intensität (das Quadrat der Wellenamplitude der Reflexe) misst, die Streuphasen aber auf geeignete Weise rekonstruiert werde müssen ("Phasenproblem der Kristallographie"). Zur Lösung des Phasenproblems greift man auf verschiedene Strukturlösungs-Methoden zurück, wie etwa der einfache (SIR) oder multiple (MIR) isomorpher Ersatz, die anomale Dispersion bei einzelnen (SAD) oder mehreren Wellenlängen (MAD) und der molekularer Ersatz (MR).
Nach verschiedenen Strukturberechnungs- und Modifikationsverfahren können sogenannte Elektronendichtekarten erstellt werden, in denen dann die Proteinsequenzen als dreidimensionale Strukturen eingefügt werden. In den weiteren Schritten wird die Proteinstruktur in Verfeinerungsprozeduren optimiert. Als öffentliche zugängliche Datenbank, in denen die Proteinstrukturen abgelegt werden, dient die "Protein Data Bank". In unserer Arbeitsgruppe stehen alle notwendigen Techniken und Ressourcen zur Phasenbestimmung und zur Modellerstellung von Proteinstrukturen zur Verfügung.